Wo bleibt der Hausverstand?
Zugegeben – es ist ein Nebenthema, wenn man sich das Ranking der aktuellen Topthemen so anschaut, wie Machtkampf in der SPÖ, Teuerung, Fachkräftemangel oder den Kampf ums Klima. Mein persönlicher Aufreger diese Woche ist aber die Berufsausbildung, genauer gesagt die Lehrlingsausbildung. Diese steht zu Recht hoch im Kurs, ist doch der Fachkräftemangel, siehe Topthemenliste, eines der dringendsten Probleme. In den zuständigen Gremien ist daher Kreativität gefragt und die Köpfe rauchen, wie man die Lehre attraktiver machen könnte, um mehr Jugendliche für einen Job als Facharbeiter zu begeistern, frei nach dem Motto: „Meister statt Master“.
Den Vogel bei der Suche nach neuen Berufsbildern schoss man nun im Fachverband der Gastronomie der Wirtschaftskammer ab, der auf Anregung der Grünenfraktion im Verband den „veganen/vegetarischen Koch“ als neues Berufsbild einführen will.
Es ist unbestritten, dass vegetarisches/veganes Essen im Trend ist und kein Gasthaus, kein Restaurant es sich erlauben kann, keine fleischlosen Speisen anzubieten. Viele wollen kein tierisches Eiweiß zu sich nehmen, das ist ihr gutes Recht.
Ich gehe allerdings davon aus, dass jeder gelernte Koch in Österreich nicht nur den Umgang mit Fleisch, Fisch und Milchprodukten erlernt, sondern auch mit Gemüse und Obst hervorragend umgehen kann. Bisher waren und sind unsere Köche topausgebildete Profis in der Speisenzubereitung und das über das gesamte „Eiweiß-Spektrum“ hinweg. Ein gelernter Koch muss Tofu-Laibchen mit Kokos-Croutons an Sellerie-Schaum genauso können wie Mostbratl und Kalbsgulasch.
Warum dann also das Berufsbild eines veganen Kochs, wenn doch eh alle Köche vegan kochen können, wenn sie das wollen? Mein Verdacht ist dahingehend, dass es vielleicht Jugendliche gibt, die zwar Koch lernen möchten, aber überzeugte Veganer sind (oder ihre Eltern). Aus Sicht so mancher (Grüner?) ist das eindeutig diskriminierend und so darf es nicht sein, dass so ein armer Kochlehrling die Rindsuppe abschmecken oder – igitt – das Schnitzel panieren soll! Auf die Gefahr hin, jetzt einen Shitstorm auszulösen, mein
Zugang dazu ist: „Dann soll er/sie halt nicht Koch/Köchin lernen!“
Und da wären wir wieder einmal bei einem meiner Lieblingsthemen, dem Hausverstand. Wie verquert muss man eigentlich denken, um auf „veganer Koch“ zu kommen?
Vielleicht kommt noch für Höhenängstliche der Bergführer, die Sommelier-Ausbildung für Antialkoholiker oder für Wasserscheue die Ausbildung zum Bademeister?
Die Grünen in der Wirtschaftskammer sprechen von einem „Meilenstein“. Ja, ein „Meilenstein“ in Sachen Hausverstand!
Fritz Stummer